Die beinahe Zerstörung von Crawinkel zum Ende des Zweiten Weltkrieges
Stand 01.04.2022
Angesichts des Verlaufs der Corona-Pandemie war es 2020 und 2021 leider nicht wie geplant möglich, angemessen in der St. Marienkirche in Crawinkel ein gemeinsames Friedensgebet abzuhalten. Am 10. April 2022 findet nun auf dem Markplatz in Crawinkel die längst überfällige Veranstaltung statt. In Vorbereitung und Ergänzung dieser Veranstaltung haben wir auf unserer Internetseite ein Tagebuch für die letzten Kriegstage eingefügt.
Vor 77 Jahren starteten mehrtätige Angriffswellen auf Crawinkel zum Ende des Zweiten Weltkrieges, um die Welt von einem anderen Virus – dem Nationalsozialismus in Deutschland – zu befreien. Die Tage vom 7. bis 10. April 1945 kann man ohne Übertreibung auch als die Tage des Jüngsten Gerichts von Crawinkel zusammenfassen. Durch fast ununterbrochene Angriffe waren danach 21 % aller Gebäude wie vom Erdboden verschwunden und weitere 55 % der Wohngebäude und Scheunen beschädigt – insgesamt rund 76% der rund 1.000 Wohnhäuser und Nebengebäude. In unserem Heimatort gab es ringsum oft nur noch Schutt und Asche, Trauer und Leid. Erst nach der Besetzung war das ganze Ausmaß der Zerstörung aus den Vortagen zu erfassen. Einige Einwohner besaßen nur noch das, was sie am Leibe trugen.
Am Morgen des 1. April 1945 heulten um 7 Uhr die Sirenen in Creuzburg an der thüringisch-hessischen Grenze - Feindalarm. Der direkte Angriff durch amerikanische Kampfeinheiten der 3. US-Armee im Thüringer Bereich stand kurz bevor. Infolge der Angriffe und der verzweifelten und sinnlosen Verteidigung der Werra-Linie wurde Creuzburg dabei fast vollständig zerstört. Fast ganz Creuzburg stand in Flammen. Als später die Bewohner Creuzburgs aus ihren Verstecken zurückkehrten, standen viele ebenfalls vor dem Nichts. 85 % der Stadt lagen in Schutt und Asche. Am 3. und 4. April 1945 erfolgten zwei verheerende Großangriffe aus der Luft auf Nordhausen durch die britische Royal Air Force. Sie zerstörten über 75 % der Kreisstadt am Südharz und forderten mindestens 8.800 Menschenleben.
Creuzburg, Nordhausen und Crawinkel stehen seitdem beispielhaft und mahnend für die zerstörerische Wirkung des Zweiten Weltkrieges in Thüringen sowie die Folgen des Nationalsozialismus und des Dritten Reiches in Deutschland. Dieses Vermächtnis bestärkt und verpflichtet uns gleichzeitig in der Forderung: Nie wieder Krieg in Deutschland und in Europa! Frieden, Freiheit und Unabhängigkeit für die Ukraine!
Klaus-Peter Schambach
am 1. April 2022
Vörderverein Alte Mühle e.V.
Die Mitglieder des Fördervereins Alte Mühle e.V. halten es daher für notwendig, an dieser Stelle dauerhaft an dieses Kapitel unserer Heimatgeschichte zu erinnern. Je nach neuen Erkenntnisständen werden die Tagebucheinträge aktualisiert. Die regionalen Ereignisse sollen durch verschiedene Sichtweisen auf die Frontverläufe, die kämpfenden Einheiten und Schicksale anderer Städte und Dörfer in ganz Thüringen in einen gemeinsamen "Fundzusammenhang" beim vorliegenden, historischen Rückblick gebracht werden.
Die Erstveröffentlichung erfolgte über Facebook auf der Plattform Crawinkler Runde im April 2020. Aufgrund des positiven Feedbacks haben wir uns für die erweiterte Veröffentlichung hier entschlossen. Die einzelnen Tagebucheinträge finden Sie über die Navigation auf der rechten Seite.
In der Zeit vom 1. bis 16. April 1945 und darüber hinaus haben sich einige Legenden gebildet, die heute noch oft wiederholt und publiziert werden. An dieser Stelle sollen sie nur aufgezählt und noch nicht weiter kommentiert werden. Das hier veröffentlichte Kriegstagebuch liefert meiner Ansicht nach ausreichend Argumente und Fakten dafür oder dagegen.
1. Zum Schutz des Jonastals soll Crawinkel zum Brückenkopf erklärt und bis zum letzten Mann verteidigt worden sein.
2. Im Friedrichsanfang sollen sich zum Kriegsende Gespenster herumgetrieben haben.
3. Der Waffenstillstandswaggon soll durch ein SS-Spezialkommando auf direktem Befehl Hitlers hinter der Frontlinie gesprengt worden sein.
4. Der Waffenstillstandswaggon wurde gar nicht zerstört und steht heute in der Gedenkstätte in Compiègne.
5. Ähnliche Sprengkommandos haben angeblich bisher unbekannte Stollen im Jonastal vor dem Heranrücken der US-Truppen verschlossen – bis heute.
6. Ein US-Spähtrupp soll in den Stollen durch eine Sprengfalle verloren gegangen sein.
7. Das Bernsteinzimmer soll natürlich auch im Jonastal versteckt worden sein.
8. Die Jonastalstollen sollen der Rüstungsproduktion, insbesondere von Vergeltungswaffen, gedient haben. Große Teile sollen bereits fertig und in Betrieb und eingelagert gewesen sein.
9. Des Führers Telefonanlage soll im Stollensystem noch heute am Netz hängen. Die Nummer ist erreichbar und lautet: 03624-1200500. Nur ist beim Führer dauernd besetzt. (Quelle: Spiegel, "Hell wie hundert Blitze“, Ausgabe 33/2003)
10. Die Verteidiger hätten nur noch etwas länger durchhalten müssen, dann wäre der Krieg doch noch zu gewinnen gewesen.