Wiederaufbau von Crawinkel - Kriegstagebuch: 13. April 1945
(Aktueller Stand 10.4.2022)
Jena wurde am 13. April 1945 eingenommen. Bevor die Amerikaner in die Stadt vordringen konnten, sprengten zurückweichenden deutschen Soldaten die Saalebrücken. Dies hielt die US-Truppen aber nicht auf. Mit Planierraupen walzten sie eine Zufahrt zum Ufer, wo sie eine Pontonbrücke für Panzer bauten. Die Amerikaner stellten ein Ultimatum, dass die Stadt bis 14 Uhr nach dem Vorbild Weimars kampflos zu übergeben ist. Entgegen der Annahme, Jena sei kampflos übergeben worden, kam es verteilt im Stadtgebiet zu harten Kämpfen und auch Luftangriffen. Bis zuletzt hatten Wehrmachtsoldaten im Norden der Stadt und in Jena-Ost Widerstand geleistet. So gab es noch weitere, sinnlose Opfer auf beiden Seiten. Im Steinbruch bei Großlöbichau waren Angehörige des Jenaer Volkssturms an der Erschießung von 37 Häftlingen aus dem KZ Buchenwald beteiligt. (Quelle: mdr) Das im Mittelabschnitt der Front eingesetzte VIII. US-Corps stieß so weiter unaufhaltsam in die ostthüringische Stadt und den Landkreis vor.
Im Süden von Thüringen wurde am 13. April Saalfeld besetzt. Einen Tag zuvor erklärte die Wehrmacht die Innenstadt zur "Freien Stadt". Deutsche und ungarische Wehrmachts-Einheiten zogen ab, mehrere Saalebrücken wurden gesprengt (Remschütz, Kaulsdorf, Eisenbahnbrücken). Jenseits des rechten Saaleufers war eine notdürftige Verteidigungsstellung auf dem Roten Berg und im benachbarten Gelände errichtet worden. Noch am Morgen des 13. Aprils erfolgte durch Wehrmachtpioniere in mehreren Etappen die Sprengung der Saalbrücke, die die Altstadt mit Altsaalfeld und dem Bahnhof verbindet. Danach wurde die Altstadt mit leichter US-Artillerie beschossen. Um 11:25 Uhr übergab der amtierende Bürgermeister Koch die Stadt an die Amerikaner. (Quelle: wikipedia)
Der Bereich des Konzentrationslager Buchenwald wurde am 11. April besetzt, Weimar einen Tag später. Nach dem die Stadt von Einheiten der 80. US-Infanteriedivision besetzt wurde, kam es zu ersten offiziellen Kontakten zu dem bis dahin vom Internationalen Lagerkomitee geführten Lager. Am 13. April 1945 übernahm Lt. Colonel Edmund A. Ball von der Division ab 11:30 Uhr die Leitung des Lagers. Eine Kompanie des 317. US-Infanterieregiments stellten den Schutz sicher. Nach einem Treffen mit den 21 Vertretern des Internationalen Lagerkomitees, wurde erste notwendige Maßnahmen festgelegt. Im Anschluss fand ein Gedenkappell für Franklin D. Roosevelt, dem Präsidenten der USA, statt, der einen Tag vorher gestorben war. Danach gaben die Häftlinge ihre Waffen ab. Auf einer Versammlung deutscher und österreichischer Sozialdemokraten, an der auch französische, polnische, belgische, tschechische, dänische und niederländische Sozialisten teilnehmen, verlas Hermann Brill das "Manifest der demokratischen Sozialisten des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald". Es ist das bedeutendste programmatische Dokument, das nach der Befreiung im Lager entstand und enthält Grundforderungen zum Aufbau eines freien, demokratischen Deutschlands. (Quelle: https://www.buchenwald.de) Hermann Louis Brill war ein deutscher Politiker, Widerstandskämpfer, Hochschullehrer und Publizist, der ganz in der Nähe am 9. Februar 1895 in Gräfenroda geboren wurde.
Nach der Besichtigung der Generäle des Ohrdrufer Horror-Lagers wurde nach aktuellen Annahmen am 13. April 1945 damit begonnen, die ermordeten und teilweise verstümmelten Häftlinge durch amerikanische Soldaten auf dem Appellplatz, aus der Totenbaracke, dem Massengrab und aus dem Scheiterhaufen zu bergen. Sie wurden an einen Bereich auf dem Übungsplatz gebracht, der bislang nicht als Massengrab von den Nazis genutzt wurde. Dieser Bereich wird umgangssprachlich als Hühnernest bezeichnet. Dort mussten Zivilisten angemessene Einzelgräber für eine menschenwürdige Bestattung anzulegen. Seit dem 4. April diente sie über 8 Tage zur Anschauung der Zustände des Lagers für tausende US-Soldaten, Pressevertreter und Zivilisten der Stadt. Viele Fotos und Filme, die heute in den privaten und öffentlichen Archiven der USA liegen, zeugen von diesen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Heute befinden sich auf dem Standortübungsplatz Ohrdruf ein Informationspunkt im ehemaligen Bereich des Nordlagers, ein Gedenkstein mit Inschrift im Bereich des Hühnernestes und ein Steinobelisk mit Inschrift im Bereich des Massengrabes für ermordete Häftlinge aus den Lagern S III am Hainberg.
Am 13. April 1945 entdeckten amerikanische Einheiten in einem zugeschütteten Graben neben dem Zeltlager Espenfeld ein Massengrab. Sie fanden während der Exhumierung insgesamt 59 ermordete Häftlinge und legten diese an der Seite des Grabens ab. Viele Leichen waren nicht mehr vollständig und Identifikationsversuche nicht möglich. Die Leichen wurden offiziell vom Major Frank M. Gleason, Militäranwalt bei der 89. Infanteriedivision, und Major Toole, Tec 4 Uhl und Tec 4 Edwin B. Fuller zusammen mit dem Zivilist Paul F. Zimmermann gezählt. Alle haben sich zum Zwecke der Identifizierung mit ablichten lassen, um gleichzeitig als Zeugen für diese Gräueltaten zur Verfügung zu stehen. Espenfeld wurde wie Arnstadt im Verlauf des 10. Aprils besetzt. Nach der Sicherung der Umgebung folgten Befragungen und erste Hinweise auf die Verwendung des Zeltlagers außerhalb des Dorfes. Herr Zimmermann gab vermutlich die Hinweise auf das Massengrab. Insgesamt wurden 18 Fotos des „US Army Signal Corps“ und auch ein Film unter der Bezeichnung „Arnstadt Concentration Camp“ angefertigt. Dieser Film wurde zum Nürnberger Prozess ebenso wie die Aufnahmen aus dem Nordlager in Ohrdruf in Auszügen gezeigt. Dadurch sind auch heute noch diese Kriegsendphasenverbrechen sowie die Zwangsarbeit in den Konzentrationslagern S III und der Holocaust untrennbar mit in der Nähe befindlichen Bachstadt Arnstadt verbunden. Kurz nach Ende des Krieges legte man gegenüber dem ehemaligen Zeltlager auf Anweisung der Amerikaner einen Ehrenfriedhof an, der noch heute erhalten ist und als Denkmal Espenfeld bekannt ist.
Das Lager Espenfeld wurde innerhalb des Lagerkomplexes S III als das Zeltlager bezeichnet. Der Aufbau erfolgte vermutlich Ende Januar/Anfang Februar 1945. Ein erster Eintrag im Totenbuch des Nordlagers findet sich für das Zeltlager für den 21. Februar 1945. Dieses provisorischeLager bestand wie das Lager C und das Nordlager in Ohrdruf bis zum Abbruch des Bauvorhabens S III und es wurde nicht vorzeitig wie das Südlager in Ohrdruf geschlossen. Das Lager glich am Ende des Krieges einer kleinen Zeltstadt aus sechs großen Zelten als provisorisches Häftlingslager. Die Bewachung des Lagers erfolgte überwiegend durch ukrainische SS-Angehörige, denen bis zu 25 Wachhunde zur Verfügung standen. Vermutlich vor Beginn des Todesmarsches wurden unter anderem marschunfähige Häftlinge erschossen und im nahegelegenen Graben und weiteren Gruben eilig verscharrt. Es sollten möglichst wenig Spuren übrigbleiben. Auf weiteren Fotos und dem Film ist zu erkennen, dass deutsche Zivilisten gezwungen wurden, die ermordeten Häftlinge umgehend zu exhumieren. Zwei Tage nach Einstellung der Kampfhandlungen in diesem Gebiet gab es also anscheinend nichts Wichtigeres zu tun und so wurden die barbarischen Spuren freigelegt und akribisch dokumentiert. Dies finde ich persönlich sehr beachtenswert.
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Am 13. Mai 1945 erfolgte auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung im Walde zwischen Arnstadt und Espenfeld die Umbettung der Opfer von S III in Einzelgräber. Dazu wurden etwa 200 in Arnstadt festgenommene NSDAP-Mitglieder verhaftet beziehungsweise zwangsverpflichtet. Unterschiedliche Opferzahlen sind dafür im Umlauf. Realistisch ist zum damaligen Zeitpunkt die Zahl von insgesamt 96 ehemaligen Häftlingen, weil nach dem 13. April 1945 in der Umgebung immer wieder weitere Leichen gefunden oder die Häftlingsleichen aus anderen Gräbern vermutlich zentral nach Espenfeld umgebettet wurden. Am 1. Juni 1945 schrieb der Landrat des Kreises Arnstadt an den Oberbürgermeister: „Auf Anordnung der Militärregierung soll der bei Espenfeld neu angelegte Friedhof sofort eine Einfriedung aus Holz erhalten. [...] (Waldlattenzaun)“. Am 28. Januar 1946 erfolgte eine Meldung der Bürgermeister von Gossel und Espenfeld an das Landratsamt, in dem für den Ehrenfriedhof von 100 Gräbern für die Opfer gesprochen wurde, deren Nationalität nicht feststellbar war. Die Gräber wurden im Vorjahr aufgefüllt, mit einer Umzäunung sowie mit Kreuzen ohne Beschriftung versehen. Im Jahr 1951 erfolgte die Meldung an den Kreisrat des Landkreises Arnstadt, dass es sich beim Ehrenfriedhof um 106 Gräber handelte. Nach weiteren vorliegenden Dokumenten und Aussagen wurden später noch einmal tote Häftlinge in benachbarten Steinbrüchen an der Straße oder in Löchern gefunden. Am 9. Februar 1952 wurden die Überreste weiterer acht ehemaliger Häftlinge auf dem Ehrenfriedhof in Espenfeld beigesetzt. Diese wurden Tage zuvor in der Nähe von Siegelbach aufgefunden. Die bisher bekannte Zahl von 107 unbekannten Häftlingen in Einzel- und Gemeinschaftsgräbern auf dem Ehrenfriedhof und letzten Ruhestätte könnte daher noch ungenau sein.
Klaus-Peter Schambach
Förderverein Alte Mühle e.V.