Viktor Nikolajewitsch Wyscheslawski (im Jahr 2005)
"...Mit dem Annähern der Amerikanischen Truppen an Ohrdruf haben die SS - Henker die Leichen der Häftlinge ausgegraben, um sie auf Scheiterhaufen zu verbrennen. Doch konnten sie die Spuren der Gräueltaten nicht verstecken. Berge von ausgegrabenen Leichen blieben auf der Oberfläche liegen.
Es begann die Evakuierung des Lagers. Unterernährte, erschöpfte Menschen wurden nach Buchenwald gejagt, die Zurückbleibenden - erschossen. Das war ein Todesmarsch. Nur ein unbedeutender Teil von uns erreichte Buchenwald. Die letzten Kilometer ging ich mit zwei Stocken, weil ich ganz krank war und auf rechtem Bein ein großes Geschwür hatte. Als wir Buchenwald erreicht hatten, hatten mich die deutschen Kameraden gerettet. Wie ich überlebt hatte - weiß ich nicht selbst.
Diese grausame Geschichte des Außenkommandos S III werden die überlebenden Augenzeuge nie vergessen! Ab es war 60 Jahre zurück und damals war ich 17 Jahre alt.
Deshalb will ich mich an die Jugend wenden:
Liebe Freunde! Die Zukunft gehört Ihnen und sie müssen gegen Faschismus, Nazismus und Terrorismus entscheidend kämpfen, damit es auf der Erdkugel niemals Krieg gibt! Sie müssen Frieden bewahren! Aber die Gefahr existiert wie früher und wir müssen alle immer aufpassen. Heute bleiben die Terroristen zur Erreichung ihrer niederträchtigen Zwecke sogar vor Vernichtung der Kinder nicht stehen..:"
Zygmunt Holcer
"...Am 03. April 1945: Von Mittag bis 18:40 Uhr wird das Nordlager evakuiert. Ich gehe mit der letzten Kolonne (die war nur von den ehemaligen Auschwitzern belegt). Der Lagerkommandant hatte uns zum Abschied gesagt: ‚Ich gebe euch nur vier Bewacher, aber lauft nicht weg, weil der ganze Evakuierungsweg ist von Wehrwolf und bewaffneten, alten Männern bewacht’. Die Wahrheit seiner Worte hatten wir schon nach ein paar hundert Metern festgestellt. Es liefen vier Leute von unserer Kolonne weg und bald hatten wir ein paar Schüsse gehört.
In der Nacht, während des Marsches, beobachteten wir den Brand des Nordlagers und die Panzergeschosse über dem Hügel des Lagers. Morgens, am 04. April 1945, kamen wir über Arnstadt bis Stadtilm und beobachteten den Rückzug der deutschen Armee. Auf ungefähr halben Weg zwischen den beiden Städten wurden 3 Züge, in einer Entfernung von 100 Meter von uns, am Bahnhof durch ‚Jabos’ in Brand gesetzt. Übernachtung. Der Weitermarsch erfolgte am 05. April 1945 Richtung Bayern. Sundremda (bei Saalfeld/Rudolstadt):
4 Häftlinge wurden erschossen. Amerikanische Flugzeuge beobachten uns. Es gelang uns, den Bewachern zu erklären, dass wenn wir nach Süden gehen würden, dort die Amerikaner treffen und sagen könnten, dass sie uns hier hin mitgebracht haben – so könnten sie gerettet werden. Es schien, dass die Bewacher auf unseren Vorschlag eingingen. Also haben wir uns bei der nächsten Strohhütte endlich schlafen gelegt. Aber gegen Morgen haben uns die Bewacher mit Kolbenstößen und mit den Worten geweckt:‚ [...] und was passiert mit uns, wenn die Deutschen den Krieg gewinnen?’ So schickten uns die Bewacher nach Buchenwald zurück.
Dann kamen wir nach Remda und wir gingen wieder auf dem ‚richtigen Weg’ nach Weimar (30 km). Übernachtung. Am 06. April 1945 erfolgte der Weitermarsch nach Weimar und Buchenwald. Am 07. April 1945 übernachteten wir bereits in Buchenwald. Am 08. April 1945 erfolgte um 07:00 Uhr morgens die Abfahrt mit einem Transportzug (Strecke: Chemnitz – Leipzig – Dresden). Um 21:00 Uhr stiegen wir in Leitmeritz (in Sudeten, heutigen Czechische Republik) aus...
Wie ich mich jetzt erinnern kann, sind viele Leute mit meinem Transport gekommen. Bis zur Evakuierung sind nur ein paar Gruppen geblieben. Als ich im Jahre 1970 (?) im Auschwitzer Museum eine Bescheinigung bekam, hat man mir dort gesagt, dass ich der Einzige bin, der von Ohrdruf kam. Natürlich bedeutet dies nicht, dass ich wirklich der Einzige bin... Es gab tatsächlich sehr wenige Chancen, um mit dem Leben davon zu kommen. Man musste hauptsächlich sehr viel Glück haben und dazu oder vor allem eine eiserne Gesundheit, ebenso physische wie auch psychische Widerstandsfähigkeit...“
Leon Kolenda
"...Nachdem im Frühjahr 1945 die Ost- und Westfront immer mehr in das 3. Reich drangen, ordneten die Lagerbehörden in der Angst vor der Verantwortung und um die Spuren des Menschenmordes zu beseitigen an, die Leichen aus den Massengräbern herauszuholen und auf Haufen zu verbrennen. Dazu wurde eine große Gruppe von Häftlingen bestimmt, die lange Stangen mit Haken erhielten, um damit die Leichen aus den Gräbern herauszuziehen. Aus dem Wald mussten sie Holz holen, die Leichen wurden mit einer Flüssigkeit übergossen und angezündet. Ich war selbst Zeuge von diesen unbeschreiblichen Verbrechen. Mit einigen Häftlingen musste ich an ein paar Tagen Holz aus dem Wald holen. Ich habe SS-Leute gesehen, die in der Asche nach Goldzähnen suchten. Ich konnte auch sehen, wie Bauern aus den Dörfern kamen, um sich die Asche als Düngung für ihre Felder zu holen. Ende März und Anfang April 1945 wurde das Außenlager Ohrdruf nach Buchenwald evakuiert. Ich verließ das Lager mit der letzten Häftlingsgruppe mit großer Erleichterung..."
Rolf Baumann
"...Am 4.4.45 kam der Evakuierungsbefehl und wir traten einen Marsch mit unbekanntem Ziel an. Wir gingen 70 km auf Umwegen nach Buchenwald. Die letzten 1000 Häftlinge bekamen keine Verpflegung mehr. Wir waren 3 volle Tage unterwegs und kamen kaputt und zermürbt an. Kranke und Schwache, die unterwegs nicht mehr so mit konnten, wurden durch Genickschuss liquidiert. Erwähnenswert ist noch, dass bereits unterwegs einige Angehörige der SS dieses Abzeichen abnahmen, um gegebenenfalls nur als Wehrmachtsangehörige zu gelten...“
Erlebnisbericht Josef Gelbhardt über Aussage Toni Böttner aus Crawinkel
"...Nun half ich den Häftlingen erst recht, nur vorsichtiger. Das war schon in dem letzten Monaten vor Kriegsende, etwa im Februar/März 1945. Die 3 Häftlinge in diesem Keller waren Juden. Sie
mußten jetzt Gartenarbeiten im Gebäudebereieh verrichten. Unter ihnen befand sich Josef Gelbhardt. Als wir gegen Ende März 1945 immer näher kommenden Kanonendonner hörten, sagte mir Gelbhardt
"Jetzt ist der Krieg bald aus. Im Lager gibt es Kopfhörer. Dort ist man gut informiert". Dann hieß es, die Häftlinge werden evakuiert. Beim Abtransport steckte ich Gelbhardt ein großes Stück
Fleisch und ein Brot in den "Futtersack". Man trieb die Häftlinge zusammen und durch die Hintergasse (in Crawinkel) ins Jonastal fort. 1947 besuchte mich Gelbhardt und erzählte: "Wir wurden mit
4.ooo Häftlingen aus dem Sonderlager III des KZ-Buchenwald in Crawinkel abgetrieben. Es war eine langer und schwerer Weg. Nur 7oo Häftlinge kamen davon in Regensburg/Bayern an. Völlig erschöpft
und krank. Ihnen, Toni, habe ich mein Leben zu verdanken und dem letzten Stückchen trocken Brot, das ich bis kurz vor Regensburg noch hatte. Viele von uns waren schon im Jonastal zusammen
gebrochen. Wir wurden unterwegs geschlagen, viele erschlagen, von den Hunden, der uns vorantreibenden SS-Posten gebissen und erschossen – in den Straßengraben geworfen."
Fortsetzung folgt.